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Thema: [RZ] - Gesammelte Schriftwerke von Zemjana

  1. #1
    Imperiale Avantgarde Avatar von Brabrax
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    [RZ] - Gesammelte Schriftwerke von Zemjana

    Hier postet nur die SL!

    Alle hier aufgeführten Gedichte, Lieder, Geschichten und Mythen stammen wahlweise aus meiner Feder oder der der Spieler. Manche werden noch leicht von mir abgeändert, um ins Gesamtbild der Welt zu passen.




    Inhaltsverzeichnis:

    Allgemeine Bücher / Schriftwerke


    Kirchliche Schriftwerke


    Mythen, Legenden und Sagen
    Geändert von Brabrax (20. September 2024 um 14:20 Uhr)

  2. #2
    Imperiale Avantgarde Avatar von Brabrax
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    Reisetagebücher des Kapitäns Kucharz

    Band I
    Achtung Spoiler:
    Morgenlicht und Morgengrauen

    Bericht über die Reisen des Kapitäns Kucharz im Dienste seiner Majestät Bronislav IV. der Nordermark zu den Landen jenseits des Horizonts.

    Vorwort:

    Zum Danke verpflichtet bin ich seiner königlichen Hoheit, unserem Monarchen und Hüter des Reiches, Bronislav IV., der mich in seiner unendlichen Weisheit auserkoren hat, um das Kommando über eine der wichtigsten Expeditionen zu leiten, die es in diesem Menschenalter wohl gegeben hat. Diese wird, so soll dieses Skriptum zeigen, bereits wenige Monate nach Abschluss der ersten Fahrt, die Grenzen unseres Wissens erweitern, aber uns genauso zeigen, dass wir bisher viel zu wenig wissen über diese Welt und die Wunder und Gefahren, die Lebewesen, die über ihre grünen Kontinente und unter ihren blauen Meeren existieren. So zogen wir hinaus in das Unbekannte, jenseits der Inseln des Ersten Lichts, hinein in den Sonnenaufgang - und während wir den Mut, den Geist und die Weisheit Bronislav IV. bedurften, um den Weg in die Fremde zu suchen, bedurfte es dem Wirken der Götter, uns wieder wohlbehalten zurück in die Heimat zu führen. Denn die Dinge, die wir sahen, als wir die fremden Gestade erreichten, sind dazu geeignet, dem Tapfersten noch das Blut in den Adern gefrieren zu lassen.

    Zur Erforschung neuer Ländereien sandte die königliche Hofverwaltung uns Männer mit umfassenden Kenntnissen, wie sie eine Crew der Flotte niemals besitzen kann. Zeichner, Schreiber und Gelehrte, Druiden, Wundärzte, einige Priester, die für die Bewirtschaftung der königlichen Gärten verantwortlich sind und sogar ein Magiekundiger aus dem Heer des Reiches. All diese Männer trugen ihren Teil bei zu dieser Mission. Und so sie selbst unter Seeleuten nicht die Achtung erhalten haben können, die ihrer Profession angemessen ist, haben ihre Aufzeichnungen und das Wissen ihrer klugen Köpfe ebenso zum Abschluss der Erkundung beigetragen wie die schwieligen Hände eines jeden Matrosen an Bord.

    So zeigen die nachfolgenden Seiten Auszüge aus den Bordtagebüchern der HMS Dubjangrod, ergänzt um Eintragungen aus meinem persönlichen Tagebuch. Sie stellen die Dinge war, die ich erlebt habe, so unglaublich und wundersam sie auch zu lesen sein mögen - sie entsprechen der Wahrheit, mögen die Götter meine Zeugen sein.

    Kapitan Janosz Kucharz, Kommandant HMS Dubjangrod


    20. Tag im 1. Blütenmond, Anno 15 nFS

    Al Hissa. Aufbruch nach Osten. Der König hat in seine Gnade und Weisheit befohlen, eine Flotte gen Osten auszusenden und mir das Kommando über diese Operation übertragen. Weniger als ein Jahr nach der Schlacht vor Wjelkow eine gewaltige Ehre für mich, über die ich in diesem Buche Bericht erstatten will.

    Es ist der Tag des Aufbruchs, nachdem wir mehrere Tage auf gewogenes Wetter warten mussten. Schiffe und Mannschaften sind bereit, alles ist zu meiner Zufriedenheit geregelt. Die Stauräume sind mit Lebensmitteln gefüllt, die Wasserfässer verschlossen. Jeder Mann ist mit Beil und Schwert ausgestattet, die Decks sind klarschiff gemacht und selbst in meiner Kabine wurden Kisten mit Schiffszwieback verstaut.

    Ich gebe den Befehl zum Auslaufen kurz nach dem Morgengrauen. Wind Nordost, Kurs auf Inseln des Ersten Lichts.

    26. Tag im 1. Blütenmond, Anno 15 nFS

    Fahrt ruhig und ohne Vorkommnisse. Inseln des Ersten Lichts liegen wenige Stunden voraus. Werden Wasser aufnehmen und weitere Lebensmittel erhandeln.

    Nachtrag: Vorräte aufgefüllt, kleinere Schäden am Bramsegel von NMS Hippo ausgebessert. Schlechtes Tauwerk bezogen. Kapitän der Hippo erhält den Auftrag, sämtliche Ausrüstung noch einmal zu sichten. Erstaunlich viele Händler auf Inseln des Ersten Lichts sprechen akzentfrei Nordermärkisch.

    30. Tag im 1. Blütenmond, Anno 15 nFS

    Wir verlassen die Inseln des ersten Lichts mit großer Freude auf das vor uns Liegende. Einige Männer sind erst spät an Bord zurückgekehrt, die letzten Vergnügungen bis zum Ende auskosten. Es wird vermutlich lange dauern, bis wir wieder andere Menschen treffen werden. Einige Schwalben und Seevögel begleiten uns aus dem Hafen, ein gutes Omen.

    06. Tag im 1. Blütenmond, Anno 15 nFS

    Haben seit über einem vollen Tag keine Sichtweite mehr zum Land. Laut Kartenmaterial örtlicher Fischer enden hier ihre Fischereigründe. Wir merken den Übergang zur offenen See. Der Wind wird stärker, aber die Temperaturen steigen.
    Auch an Bord der Dubjangrod mangelhaftes Tauwerk gefunden. Glücklicherweise nur wenig. XO Dubjangrod beauftragt, die Beschaffungsbücher durchzusehen. Name des Lieferanten ist der Flottenverwaltung zu melden.

    15. Tag im 2. Blütenmond, Anno 15 nFS

    Eine kräftige Strömung hat uns erfasst und nach Norden getrieben. Wärmeres Wasser aus dem Süden scheint hier unseren Kurs zu kreuzen. Wir haben Schleppnetze ausgeworfen und seltsame bunte Fische gefangen, die einige der Gelehrten an Bord als Arten erkannten, die sonst nur in der Sonnenrepublik gehandelt werden. Außerdem fingen wir zwei Tiere mit schweren Rückenpanzern und flossenartigen Füßen. Sie können Kopf und Gliedmaßen in ihre Panzer einziehen und werden offenbar Schildkröten genannt.

    21. Tag im 2. Blütenmond, Anno 15 nFS

    Nach einigen Tagen an Deck sind beide Schildkröten eingegangen. Einige der Seeleute, die wir in Al Hissa angeheuert haben, behaupten, dass die Tiere essbar sind. Der Koch hat einige Experimente durchgeführt, die recht schmackhaft sind. Großes Erstaunen zeigte sich, als im Bauch eines Tieres Dutzende Eier gefunden wurden. Was für seltsame Tiere. Ich habe befohlen, beide Panzer zu präparieren. Es werden schöne Exponate werden.

    22. Tag im 2. Blütenmond, Anno 15 nFS

    Keine Beschwerden bei der Besatzung. Die gekochte Suppe war nahrhaft. Wenn man es schaffen könnte, die Tiere länger an Bord zu halten, könnten sie als lebender Proviant genutzt werden. Sie schienen genügsam und überhaupt nicht gefährlich.

    30. Tag im 2. Blütenmond, Anno 15 nFS

    Wir haben den Ursprungskurs wieder erreicht und segeln nun ostwärts der Südströmung. Wir sind vor einen Monat von den Inseln des Ersten Lichts aufgebrochen und seit dem auf See. Gestern kam es zu einem unerfreulichen Zwischenfall, als ein Matrose der Nachtwache des Diebstahls überführt wurde. Nichts ist schlimmer für die Moral der Männer an Bord, als Diebstahl und Misstrauen. Den Missetäter habe ich auf dem Oberdeck an einen Mast binden und eine halbe Stunde mit der Peitsche bearbeiten lassen.

    06. Tag im 3. Blütenmond, Anno 15 nFS

    Die See ist klar und frei von Stürmen, doch der endlose blaue Himmel und die Sonne zehren an den Nerven einiger Männer. Ich habe Übungen an Deck angeordnet, um die Matrosen in einen Wettbewerb kommen zu lassen, der sie ablenkt. Heute Abend doppelte Ration Taback für die schnellste Gruppe. Für die nächsten Tage noch einmal doppelte Ration Rum als Preis ausgesetzt.

    10. Tag im 3. Blütenmond, Anno 15 nFS

    Die Eintönigkeit macht uns zu schaffen. Selbst die Offiziere haben nicht mehr die volle Haltung, die ich von ihnen erwarten kann. An Bord der Gleve gab es einen ernsten Zwischenfall, bei dem ein Mann über Bord gegangen ist. Ein weiterer wurde wegen Mordes am Tage darauf verurteilt und über die Planke geschickt. Ab morgen werden wir zwei Gruppen bilden, um ein größeres Seegebiet zu erkunden. Hammerwald, Hellebarde und Muli werde nach Südost abdrehen, Gleve und Hippo bleiben bei der Dubjangrod und segeln Nordost. Wir bleiben eine Woche getrennt und kehren dann zu den aktuellen Koordinaten zurück.

    14. Tag im 3. Blütenmond, Anno 15 nFS

    Die Trennung der Flotte war eine gute Idee. Jeder muss nun noch mehr Achtsamkeit walten lassen, wenn er Land finden will. Das spornt die Matrosen neu an, doch allmählich gehen die ersten Vorräte zu Neige. Zum Frühstück das letzte Ei gegessen. Nachts lasse ich geteerte Planen auf Deck aufspannen, um Feuchtigkeit zu sammeln. Es kommt oft nur ein kleiner Eimer voll zusammen, aber wir müssen das Frischwasser auffüllen.

    23. Tag im 3. Blütenmond, Anno 15 nFS

    Erst heute kann sich die Flotte wieder vereinen. Ein heftiger Sturm hat uns mehrere Nächte zugesetzt und von unserem Kurs weit nach Norden abgetrieben. Wenigstens hat der Regen unsere Probleme mit dem Frischwasser gelöst. Die schnelle Wetterveränderung kam überraschend und einige Gerüchte kursieren an Bord. Einige Männer sind druidischen Glaubens und sie meinen, der Sturm sei nicht natürlichen Ursprungs. Nun, Seeleute sind abergläubisch, egal an welche Götter sie glauben.

    28. Tag im 3. Blütenmond, Anno 15 nFS

    Steuermann Miracule wurde heute sehr nervös. Er ist kein Anhänger Bernaels, sondern sehr freisinnig. Er bekam Fieber und sprach davon, Dinge zu spüren. Land sei nahe und starke Magie voraus. Die Gelehrten sprechen von einem Sonnenstich, doch ich mag nicht umhin kommen, seinen Worten Glauben zu schenken. Auch von den anderen Schiffen werden merkwürdige Beobachtungen von anderen Seeleuten berichtet.

    02. Tag im 1. Sommermond, Anno 15 nFS

    Heute Abend mit den Kapitänen der anderen Schiffe zusammen zu Abend gegessen. Eine Flaute hält uns seit heute Morgen fast auf der Stelle und wir nutzen die Zeit, um Reparaturen durchzuführen. Die Hippo hat inzwischen einige faulige Planken bekommen und starken Algenbewuchs. Ohne es offen auszusprechen, denken viele, es handele sich bei ihr um unser Unglücksschiff, obwohl der Magier dort an Bord ist. Die Planken konnten ausgetauscht werden und ich habe den Magier angewiesen, auf die Dubjangrod überzusetzen, um allen Gerüchten vorzubeugen. Außerdem möchte ich den Mann in der Nähe wissen, sollten die Gerüchte und Anzeichen sich verdichten.

    05. Tag im 1. Sommermond, Anno 15 nFS

    Der Magier und Steuermann Miracule haben sich lange unterhalten. Beide nehmen die Äußerungen des Anderen sehr ernst und auch die Seeleute suchen jetzt nach Zeichen. Auf See kann jede Vorwarnung vor den Elementen den Unterschied zwischen Leben und Tod bedeuten. Ich habe entschieden, den Kursvorgaben zu folgen, die Miracule mir heute vorlegt.

    06. Tag im 1. Sommermond, Anno 15 nFS

    Vom Adlernest aus ist kein Land zu erkennen. Die Sonne brennt vom blauen Himmel, doch den Männern tut es gut, ein konkretes Ziel zu verfolgen.

    07. Tag im 1. Sommermond, Anno 15 nFS

    Land!
    Kurz vor Sonnenuntergang wird Land gesuchtet. Miracule ist wieder an Deck gekommen und auch der Magie ist wieder hier. Sie spüren Präsenzen dort draußen. Noch lasse ich die Flotte nicht weiter segeln. Die Küste ist unbekannt, wer weiß, welche Klippen uns in der Dunkelheit drohen. Während die Sonne hinter dem Horizont blutrot versinkt, lasse ich doppelte Portionen Rum ausgeben. Morgen fahren wir die Küste an.

    08. Tag im 1. Sommermond, Anno 15 nFS

    Mit dem ersten Sonnenstrahl befahl ich, die Flotte näher an die Küste heran zu bringen. Die Küste, vor der wir lagen, wirkte vertraut. Durch die Ferngläser konnten wir Nadelbäume erkennen, wie wir sie aus den weiten Wäldern der Nordermark kennen. Viele sahen darin ein gutes Zeichen. Die Annäherung an Land erfolgte ohne Störung. Untiefen und Klippen waren keine vorhanden. So brachen am frühen Vormittag je zwei Beiboote der Dubjangrod und der Hammerwald auf, die neuen Gestade im Namen seiner Majestät, König Bronislav IV., für die Nordermark in Besitz zu nehmen.

    Das Banner, blau und golden, weht auf dem kühlen Sandstrand dieses fremden Land. Im Namen der alten und neue Götter, wie zur Ehre unserer geliebten Monarchin, benenne ich dieses Land Königin-Ludovica-Land. Während der Schiffskaplan ein Gebet spricht - sehr schöne Passage über die Erschaffung der Welt, die nicht nur unser Zemjana, sondern offensichtlich auch fremde Gestade einschließt - werden Steuermann Miracule und der Magier unruhig. Erst vermutete ich, sie würden sich an den Worten des Kirchenmannes stören, doch nur kurz darauf sah ich die Drei gemeinsam konferieren. Der Kaplan wiederholte etwas weiter im Landesinnere einige Psalmen, eine Segnung des Heiligen Milan von Dubjangrod und die Erquickung von frischem Quell, wie mir später berichtet wurde. Wieder verdunkelten sich die Gesichter unserer Magiekundigen.

    Sie spüren Präsenzen in den Wäldern, an Land und in der Luft. Mir sind die Gaben der Magie nicht gegeben, ich kann nur beschreiben, was ein Blinder über Farben erzählen könnte. Doch bei den Worten unseres Kaplans muss sich ein Druck, wie kurz vor einem schweren Gewitter über das Land gelegt haben. Ich selbst habe nichts verspürt. Allerdings sprachen später an Bord zwei Matrosen, von denen mir bekannt ist, dass sie druidischen Glaubens sind, die Luft würde sich nach Regen anfühlen. Und dass, obwohl den ganzen Tag herrlicher Sonnenschein herrschte.

    Ich habe befohlen, das Land nur bis zur Dämmerung zu erkunden. Danach sind wir gesammelt an Bord der Schiffe zurück gekehrt. Abends langes Gespräch mit Magier und Kaplan. Auch der Kaplan ist unruhig. Er meint, er fühle sich beobachtet. Wir beschlossen den Tag mit einer Andacht nach druidischer Art, in der Hoffnung die Geister der neuen Welt friedlich zu stimmen. Die Wachen für die Nacht verdoppelt.

    09. Tag im 1. Sommermond, Anno 15 nFS

    Wieder erwartet uns Sonnenschein und blauer Himmel, die Temperaturen sind mild. Fast wie in Fryklitz an einem Tag im Frühsommer. Erste Landgänge schon in der Früh. Wild, Frischwasser und genießbare Beerensträucher werden gefunden. Wie schön und gesegnet diese Gestade sind, dass ich die Ereignisse des vergangenen Tages fast als Aberglauben abtun will.
    Während Männer an Land sind, entsende ich die Gleve und die Hellebarde auf Kurs nach Norden und Süden. Sie sollen herausfinden, wie groß das Land ist und berichten.

    11. Tag im 1. Sommermond, Anno 15 nFS

    Wir konnten unsere Vorräte auffüllen und uns mit Wildbret, Beeren und Wasser versorgen. Diese sollten für die Rückfahrt reichen. An den Stränden werden Perlen und Steine gefunden, die schön von Form sind. Wie mir vom König aufgetragen, lasse ich alles katalogisieren und Proben nehmen. Die Arbeit lenkt die Männer von den Mysterien ab, die sich an diesen Gestaden ergeben.
    Der Magier kam zu mir. Seine Worte sind klar und prägnant. Es gibt definitiv Präsenzen, Geister, magische Orte und Gefahren. Wer auch immer da haust, übt wohl Schamanismus aus.
    Auch wenn wir bisher noch keine Bewohner gesehen haben, so spürt er sie doch. Auch der Kaplan ist besorgt. Nach jeder seiner Messen berichten die Magiekundigen von Druck und einem Rauschen. Wären wir noch in Wjelkow könnte ich es als den Versuch werten, die Gläubigen zu beunruhigen. Aber hier? Wir sind auf uns alleine gestellt und Magier und Kaplan scheinen vernünftige Männer zu sein, die der Domäne des jeweils anderen respektvoll gegenüberstehen.

    13. Tag im 1. Sommermond, Anno 15 nFS

    Die Gleve lief mit der Morgenflut ein, die Hellebarde folge später am Tage. Sie fanden mehr Land. Gen Süden geht der Wald irgendwann Grasland in Grasland über. Königin-Ludovica-Land ist keine bescheidene Insel. So viel steht fest.

    16. Tag im 1. Sommermond, Anno 15 nFS

    Noch vor der Dämmerung werde ich an Land gerufen. Man stieß auf Spuren von Wölfen und Bären - und auf Fußspuren von zweibeinigen Landbewohnern. Auch Kaplan und Magier waren bei mir. Ich verstehe nicht genau, was die beiden tun, aber sie scheinen eine Art geistiges Fährtenlesen zu versuchen. Ich kann anhand von Spuren erkenne, ob ich einen Wolf oder ein Schaf verfolge. Sie versuchen es mir zu erklären und wirken besorgt.

    17. Tag im 1. Sommermond, Anno 15 nFS

    Nachtrag zur Küstenlinie. Der Captain der Hellebarde berichtet, dass es nach Süden hin wärmer wird.
    Wir suchen weiter nach Fußabdrücken. Im Tageslicht kann ich sie mir noch besser ansehen. Sie sind größer und gröber als menschliche Füße. Die Abdrücke wirken auch schwerer.
    Ein Matrose von der Muli wird tot im Wald gefunden. Kameraden behaupten, er habe über die Vorsicht der Erkundung gelacht und die Ahnungen des Magiers als heidnischen Humbug abgetan. Danach habe er sich über einigen der Fußspuren erleichtert. Am Abend lehnt er tot an einem Baum. Spuren von körperlicher Gewalt können nicht festgestellt werden. Der Magier wirkt sehr bleich und spricht von einer Art Fluch. Dunkler und stärker als alles, was er je gespürt hat. Ich gebe Anweisung, den Mann wieder an Bord zu bringen. Er wird nicht an Land begraben, sondern erhält ein Seemannsgrab. Der Kaplan wirkt dankbar. Im Vertrauen sagt er mir, er wolle nicht vor seiner Pflicht zurückweichen, doch er sei froh, den Gottesdienst auf See und nicht an Land verrichten zu können.
    Was ist das für einen Ort, den wir hier gefunden haben?

    18. Tag im 1. Sommermond, Anno 15 nFS

    Ich befehle, nach Süden zu segeln. Während der Fahrt wird der Matrose der See übergeben. Trotz intensiver Suche sind uns keine Zweibeiner begegnet. Wir werden es weiter im Süden versuchen. Wenn das Land offener wird, nehmen hoffentlich auch die Gerüchte ab und nicht hinter jedem Baum findet sich ein böse Geist. Die Reise auf See tut den Männern gut. Sie können Dinge tun, auf die sie Einfluss haben.

    23. Tag im 1. Sommermond, Anno 15 nFS

    Von der Küste aus sichten wir Hütten und Felder. Wer auch immer hier lebt, wir haben ihn gefunden. In einigem Abstand gehen wir vor Anker. Späher ausgeschickt. Sie nähern sich den Hütten und bringen die Waren mit, die wir aus der Heimat zum Handeln mitführen. Met und Fälle, gute Werkzeuge. Zunächst ist niemand zu sehen. Dann jedoch brechen große, braune Wesen mit Buckel und einfachen Waffen aus dem Dickicht hervor, die den Expeditionstrupp rasch durch bloße Körperkraft überwältigen. Berichten kann einer der Männer, der in der Nähe des Beiboots blieb, um aus dem Gebüsch zu beobachten. Wenigstens haben wir einige der Einheimischen ebenfalls erledigt. In mir schreit alles nach Rache. Ich habe einige Hundert Männer dabei. Ein Dorf wird nicht viel Widerstand leisten können. Aber der König befahl eine friedliche Kontaktaufnahme, wenn wir Fremden begegnen. Wir werden es noch einmal versuchen müssen.

    26. Tag im 1. Sommermond, Anno 15 nFS

    Ich schreibe diese Worte im Licht einer flackernden Kerze, mit noch immer zitternden Händen und Blut auf meinem Hemd. Wir unternahmen einen zweiten Versuch und dieses Mal begleitete uns der Kaplan. Er sei ein Mann des Glaubens und ein Mann des Friedens. Jedes vernunftbegabte Wesen würde das erkennen. Er hat bitter für diese Entscheidung gezahlt. Die Einheimischen haben ihn erschlagen. Wir wurden wieder angegriffen und haben uns mit allen Mitteln verteidigt. Ich schwöre bei den neuen und alten Götter, wir haben der Nordermark alle Ehre bereitet, wie wir sie im Kampfe zeigen können, doch sie haben sich direkt zu ihm durchgekämpft. Als hätten diese Wilden es genau auf unseren Kaplan abgesehen. Mögen alle Götter seiner Seele gnädig sein, denn nicht einmal seine Leiche haben wir bergen können. Die Einheimischen haben sie mit sich genommen.

    27. Tag im 1. Sommermond, Anno 15 nFS

    Schon vor dem Sonnenaufgang kommt der Magier zu meiner Kabine. Er will noch einen Versuch wagen, mit den Einheimischen zu reden. Wenn sie einem geweihten Priester Bernaels feindlich gegenüber stehen und hier Magie gewirkt wird, so könnte er versuchen, auf dieser Ebene mit den Fremden Kontakt aufzunehmen. Er bittet um meine Erlaubnis und schweren Herzens gewähre ich sie ihm. Die Eskorte ist besser bewaffnet, Lanzen, Schwerter und Bögen werden ausgegeben.
    Er wirkt etwas, das er "Ruf des Friedens" nennt, doch auch das erweist sich als Fehlschlag. Es kommt zu einem erneuten Kampf. Die Haut der Wesen erweist sich als dick und beständig. Sie werden durch Pfeile zwar verletzt, aber gehen nicht direkt zu Boden. Am Ende des Tages verliere ich fünf Männer.
    Abends gemeinsames Mahl mit den übrigen Kapitänen der Flotte und dem Magier. Wir werden abreisen.
    Die Mittel dieser Expedition für eine Kontaktaufnahme sind erschöpft. Ich sehe den Einheimischen nur mit Gewalt beizukommen. Sie bringen weder dem alten noch dem neuen Glauben Respekt entgegen und sind in ihrem Wesen und ihrer Erscheinung eine Bedrohung für den Menschen.
    Die Gelehrten an Bord konnten Skizzen zeichnen, um das Erscheinungsbild der Fremden für die Menschen in der Heimat festzuhalten. Ich füge sie diesem Buche bei, in der Hoffnung, dem Feind ein Gesicht zu geben. Möge jeder Leser sich einprägen, was wir erlebt und gesehen haben.

    Achtung Spoiler:
    Bild


    28. Tag im 1. Sommermond, Anno 15 nFS

    Wir verlassen die neue Welt in dem Gefühl, nicht zu verstehen, welche Regeln hier gelten. Das Land ist fruchtbar und reich an Tieren und Pflanzen. Für das Leben von Menschen geeignet. Was wollen die alten und neuen Götter uns damit sagen, dass an so günstigen Gestaden eine so frevelhafte Spezies haust, dass weder friedlicher Handel, noch Bernaels Glaube noch magisches Wirken zu einer Kontaktaufnahme beitragen kann? Ich habe von Stämmen gehört, die angeblich nur respektierten, wenn man sich ihnen im Zweikampf stellte und ihre Krieger besiegte. Erst dann waren sie bereit, in einen friedlicheren Austausch zu treten. Mag es hier auch so sein? Oder ist auf die Einheimischen kein Maßstab der Menschen anzuwenden?

    Vor meinem Herren, dem König der Nordermark, den alten Göttern des Nordens und vor Bernael gelobe ich, dass alles was ich niederschrieb, sich so zugetragen hat, wie ich es erlebt habe. Abgeschlossen und unterzeichnet von Kapitän Kucharz, HMS Dubjangrod, ein Jahr nach der Reise in die neue Welt zu Wjelkow, am 06. Tag im 3. Sommermond, Anno 16 nFS.





    Band II

    Achtung Spoiler:
    Zweites Buch der Reisen des Kapitän Kucharz

    Warum der Ork sich nicht wäscht - Kultur, Kult und Schwarze Riten

    mit Auszügen aus den Berichten von Garamanus Bloszik und Sandomir Durbajkovic.

    Den zweiten Band meines Werkes ist gewidmet meinem Reisegefährten, dem mutigen und hoch geschätzten Kaplan Sandomir Durbajkovic, der in Vertrauen auf seinen Glauben den Bewohnern der neuen Welt entgegen trat, um mit ihnen in friedlichen Austausch zu kommen. Durch die Waffen der Orks niedergestreckt, blieb er fest im Glauben und mutig im Kampf, bis zum Ende ein Mann Bernaels, der seinen Kameraden, ob sie die alten oder neuen Götter verehren, ein aufrechtes Beispiel war.

    Während der erste Band vor allem dem Volk einen Eindruck meiner Reisen bieten und jedem Menschen über die gefährlichen Geschehnisse in der neuen Welt unterrichten sollte, ist dieser zweite Band vornehmlich für den gelehrten Leser geschrieben. Trotz aller Komplexität versuche ich dennoch einfache Worte zu verwenden, denn das Wissen über die Orks ist überlebenswichtig - nicht nur für die Nordermark, sondern für die Reiche aller Menschen.

    Kultur

    Im Aufeinandertreffen mit dem Ork haben wir vor allem seine Körperlichkeit und sein grobes Aussehen betrachtet. Ja, Orks sind größer und kräftiger als Menschen. Ihre Gesichtszüge erinnern an wilde Tiere, die sich in einer obszönen Art und Weise des aufrechten Ganges bemächtigt haben, um uns Menschen zu verhöhnen. Der von mir beschriebene Buckel trägt noch mehr dazu bei, abstoßend zu wirken, doch ist noch nicht klar, ob sich darin nicht die Ansätze einer starken Muskulatur oder gar, wie in manchen Wüstenregionen unseres Landes bei Tieren üblich, ein Fett- oder Wasservorrat befindet, von dem die Orks zehren können. Ob der Ork seiner Natur nach überhaupt ein Kulturwesen ist, war seit der ersten Begegnung Gegenstand lebhafter Diskussion zwischen den Gelehrten. Die Fahrt der Dubjangrod und ihrer Begleitschiffe wurde durch zahlreiche weisere und gebildetere Männer begleitet, als ich es bin. Dennoch durfte ich mich in ihrer Reihe als geschätzter Gesprächspartner debattieren.

    Es bildete sich der Konsenz heraus, dass die Orks grundsätzlich keine Tiere sind, sondern eine höhere Spezies, vergleichbar mit Menschen, Zwergen und Elfen. Es wurden sechs unterschiedliche Merkmale definiert, die den Unterschied zum Tier ausmachen:

    Sprache
    Landwirtschaft
    Domestikation
    Werkzeuggebrauch
    Kulturelle Technik
    Feste Behausungen
    Bewusste Planung

    Meine Begleiter vertreten den Standpunkt, dass die Anwendung von mindestens vier dieser Bereiche als erfüllt gelten müssen, um nicht mehr über ein Tier zu sprechen, sondern um eine intelligente Spezies. Dies bedarf weiterer Erklärung. So verfügen viele Tiere über eine feste Behausung. Auch im begrenzten Maße gebrauchen sie Hilfsmittel wie Stöcke oder Steine, doch stellt dies nicht die Anfertigung und Veränderung von Material zu einem bestimmten Zweck dar. Die Nutzung von Rufen und Lauten kann ebenfalls nicht als Sprache gelten, denn diese setzt eine gewisse Struktur, Grammatik, zeitliche Varianten - hier vor allem die Zukunftsform - voraus.

    Eine solche Zukunftsorientierung ist auch Maßstab für die bewusste Planung von Handlungen. Jedes Raubtier, das im Rudel jagt ist zu einer gewissen situativen Planung der kommenden Handlungen fähig, jedoch nicht zur langfristigen Planung über größere Zeiträume hinaus, wie es die Landwirtschaft erfordert oder kulturelle Techniken, wie ein Kalender, überlieferte Sitten oder gar eine Religion. Auch Tiere sind in der Lage eine Art Bewirtschaftung zu betreiben, hier sei beispielsweise auf Bienen verwiesen, die eine Form des Anbaus nutzen. Andere Insektenarten, wie die gemeine Ameise, halten und behüten Herden von anderen Insekten, um von deren Erzeugnissen zu profizieren. Hunde, in deren Natur gewisse Verhaltsweisen zu beobachten sind, geben diese von einer Generation an die nächste weiter. Doch braucht es für die Deutung als intelligente, als bewusste Spezies die Gesamtheit der vorherigen Merkmale.

    Bei den Orks konnten wir Landwirtschaft, feste Behausungen und Werkzeuggebrauch zweifelsfrei identifizieren, wobei die Baukunst sich nicht maßgeblich von der unseren unterschied. Bewirtschaftete Felder waren auch zu erkennen, wobei wir nicht feststellen konnten, ob diese per Hand, mit dem Pflug oder durch den Einsatz von domestizierten Tieren betrieben wurden. Eine rudimentäre Sprache, die wir aufgrund der gescheiterten Kontaktaufnahme nicht weiter erforschen konnten, war ebenfalls vorhanden, auch wenn nicht alle Gelehrten diese Meinung teilten. Aufgrund der Anwendung von starker Magie, die eine grundlegende Vorstellung vom Wirken höherer Mächte bedarf und damit eng mit religiösen Handlungen verbunden ist, muss das Vorhandensein von gewissen Kulturtechniken bejaht werden.

    Die Planung von Hinterhalten gegen unsere Gesandten muss nicht zwangsläufig ein Zeichen von Bewusstsein darstellen, viele Raubtiere sind ebenfalls dazu in der Lage. Doch die Verwendung von selbst geschaffenen Werkzeugen - Rüstung und Waffen - sowie die artikulierten Laute, die als Kampfbefehle gedeutet wurden, lässt auch hier zu Gunsten der Orks ausschlagen. Ich komme zu dem Schluss, dass wir es hier mit einer neuen Kultur zu tun haben, die in technischer Hinsicht der Unseren in etwa entspricht, uns in Hinsicht auf die Nutzung von Magie jedoch überlegen ist. Lassen wir diese Worte noch einmal wirken: Der äußerlich so primitive und fast schon tierische Ork scheint über größere geistige oder spirituelle Kräfte zu verfügen, als der Mensch.

    Das ist die Basis von der wir ausgehen müssen und zeigt, welche Gefahr von den Orks ausgeht. Stellen wir uns vor, diese uns körperlich und magisch überlegenen Wesen würden sich mit der Hochtechnologie ausrüsten können, die durch Menschen, Zwerge und Elfen bereits geschaffen wurde.

    Kult

    Vorweggenommen sei dir Warnung, dass alles, was in diesem Absatz folgt völlig falsch sein könnte. Das liegt nicht an einer unwahren Berichterstattung oder dem Wunsch, meine geschätzen Leser an der Nase herum zu führen. Sondern daran, dass keine Interprätation unserer Beobachtungen durch Gespräche oder direkten Austausch verifiziert werden konnte.

    Direkt zu erkennen ist, dass der Ork ein sehr territoriales Wesen ist. Auf jedes Eindringen in seine Domäne reagiert er mit Gewalt, wobei es offenbar einen gewissen Grenzpunkt gibt, bis zu dem eine Reaktion nicht erfolgt. Wenn es eine Art magischen Schutzkreis um das Ork-Territorium gab, konnte dies durch die Kontrolle unseres Magiers Garamanus Bloszik nicht bestätigt werden. Daher wenden wir uns einer Erklärung aus der Natur zu. Pater Sandomir spielte bei den Beobachtungen der Orks eine entscheidende Rolle, ebenso wie seine Kenntnisse der Viehzucht, die wir hier zum Vergleich hinnehmen.
    Paster Sandomirs Gemeinde war lange Jahre die Kirche von Pryglitz. Im Buchenhain hinter der Kirche lebt eine große Herde von Rehen, die von den Geistlichen gehegt wird. Rehe sind generell scheue Tiere, die sich auf ihr Gehör und ihre Witterung verlassen, um Feinde auszuweichen. Die Nüstern der Rehe weiten sich, wenn der Wind Gerüche heranträgt, die ungewohnt sind und veranlasst eine Fluchtreaktion.
    Wir konnten feststellen, dass auch der Ork ein Wesen ist, dass auf olfaktorische Reize reagiert. Oft hoben Orks, die wir aus der Ferne beobachteten, den Kopf in den Wind hoben. Im Vergleich zu Menschen haben die Orks deutlich größere Nasenlöcher, deren Bewegungen ruckhaft sind und deren leuchtend rötlichen Innenseiten in starkem farblichen Kontrast zu ihrer grünlich-braunen Haut stehen.
    Auf uns wirkte der Körpergeruch der Orks faulig, modrig und sehr stechend. Oft konnten wir erkennen, wie sich Orks mit einem Gemisch aus lokalen Pflanzen, feuchter Erde und eigenem Urin Gesicht und freie Hautflächen einrieben. Die Vermutung liegt nahe, dass durch den besonderen Geruch, der uns abstoßend erscheint, eine Unterscheidung zwischen Freund und Feind ermöglicht wird. Weitere Beobachten sollten sich darauf konzentrieren, ob durch die Verwendung dieses Gemisches eine positives Freund-Feind-Reaktion erzielt werden kann oder ob andere Ork-Gruppen unterschiedliche Mischungen nutzen.
    Eine weitere Beobachtung soll nicht unterschlagen werden. Unsere Expedition wurde von Insekten begleitet, die zwar nicht stachen, wie Mücken, aber dauerhaft in unserer Nähe blieben und eine ständige Störung von Aufmerksamkeit, Nachtruhe oder beim Toilettengang darstellten. Die Untersuchung der Insekten zeigte, dass sie dennoch eine stechende Gattung sind. Sie mögen von unserer Körperwärme angezogen worden sein, schienen aber nicht daran interessiert zu sein, Menschen zu stechen. Die Orks wurden von diesen Insekten hingegen nicht verschont. Die Reaktionen glichen der menschlichen Reaktion auf eine Mücke. Frisch eingeriebene Orks litten deutlich weniger unter den Insektenstichen. So kann der widerwärtige Geruch nicht nur der Identifikation dienen, sondern auch dem Schutz vor Ungeziefer.

    Die Stimmen der Orks sind tief und klingen weit, wie bei Elchen in der Brunft. Wir vermuten, dass in dem breiten Luftkorb und dem Buckel viel Raum für eine große Lunge ist. Dies kann mit den vergleichbar kleinen Ohren der Orks zu tun haben und würde auf ein schlechtes Hörvermögen hindeuten, das durch eine laute Stimme kompensiert wird. Ein ausgeprägter Geruchssinn würde zu dieser Annahme passen. Wir kennen viele Tiere, die unterschiedlich starke Sinne besitzen.
    Lärmend war der grundsätzliche Umgang zwischen den Orks, vor allem des Nachts, wenn laute Trommeln über ihren Dörfern erklangen. Die große Lautstärke mag ein Nachteil sein, da Feinde so schnell auf den eigenen Standort aufmerksam werden, doch wilde Tiere werden dadurch zunächst abgeschreckt. Eine Interpretation dieses Verhaltens ist ein quasi akustischer Bannkreis, vergleichbar dem Imponiergehabe von männlichen Tieren in der Adoleszenz. Eine gewisse magische Wirkung war bei den Trommelklängen ebenfalls erkennbar, worauf ich im Abschnitt Schwarze Riten weiter eingehen werde.

    Abschließend stellt sich hier das Bild eines Volkes dar, das sehr körperlich auftritt, dem Dominanz über das eigene Territorium sehr wichtig ist und das anhand sehr einfacher Merkmale eine Freund-Feind-Entscheidung trifft. Es mag sein, dass ein ebenso aggressives Auftreten, verbunden mit einem bestimmten Geruch als ein Zeichen der wahrgenommen wird, das zu einer Kommunikation führen kann.
    Seine Methoden erscheinen archaisch, sind aber auf die Umgebung angepasst und auch für die erste Einschätzung ihrer körplichen Merkmale plausibel.

    Schwarze Riten

    "Ich spüre Magie, starke Magie. Hier gibt es Geister und Bedrohungen - stärker als ich es je gespürt habe."
    Mit diesen, wenigen Worten klärte uns Garamanus, unser Magier, über die übernatürliche Ebene der neuen Welt auf. An drei Ereignissen, die ich bereits in meinem ersten Buch beschrieben habe, lassen sich die magischen Ereignisse festmachen.

    1. Der spirituelle Wetterumschwung nach religiösen Zeremonien, sowohl Gottesdienste nach Bernael als auch nach druidischen Riten.
    2. Der Tod eines Seemannes nach offensichtlicher Verachtung der einheimischen Gefilde
    3. Die Hinrichtung unseres Schiffskaplans durch die Orks

    Ich möchte mich nicht zu ausführlich widerholen. Die tragischen Tode unter meiner Besatzung habe ich geschildert, ebenso die Empfindungen der druidischen bzw. magisch veranlagten Besatzung. Da ich nun von der vierten Reise in die neue Welt zurückkehre, muss ich dennoch auf zwei dieser Punkte noch einmal eingehen.

    Die Beschreibung "spiritueller Wetterumschwung" soll die Art der Empfindung beschreiben, den die magisch veranlagten Besatzungsmitglieder feststellten. Eine Art gefühlter Tiefdruck, eine spontane kühle Brise, die unter die Kleidung dringt oder Wetterfühligkeit in alten Verletzungen - das sind die Vergleiche, die ich als unmagischer Mensch anstellen kann.
    Wechselnde Besatzungen haben regelmäßig beschrieben, wie nach Gottesdiensten beiderlei Glaubensrichtungen, bedrängende Empfindungen die Menschen mit magischem Talent oder auch unsere Schiffsgeistlichen befangen haben. So kann ich mit berichten, dass die neue Welt generell der Kultur der Menschenreiche ungastlich gegenübersteht, sobald wir diese zu offen ausüben.

    Zweitens gehe ich noch einmal auf den Tod von Kaplan Sandomir ein. Ich habe mich noch einmal intensiv mit den Ereignissen dieses Tages beschäftigt, Zeugen befragt und die Eintragungen in meinem Schiffslogbuch nachgelesen. Ich bin fest der Meinung, dass Sandormir gezielt angegriffen wurde. Bei meiner Rückkehr in die neue Welt, riefen mich Matrosen an Land, die eine Art Vogelscheuche vorgefunden haben, die in eine verblichene Kutte gekleidet war, die sie zunächst als die Soutane unseres Kaplans identifiziert hatten. Darunter lagen einige Knochen. Im Glauben, hier ein Schändliches Ritual, eine Art Pranger oder Ähnliches vorgefunden zu haben, lösten wir das Kleidungsstück und entfernten die Gebeine. Schließlich war es möglich, dass wir hier die sterblichen Überreste eines Freundes geborgen hatten.
    Spätere Untersuchungen ergaben, dass die Knochen tierischen Ursprungs waren, vom Hund oder Wolf. Es ließen sich abgeschabte Stellen erkennen, die auf stumpfe Klingen oder Zähne hindeuteten. Auch die Kleidung war eindeutig nicht von einem unserer Weber hergestellt. Sie war nur der Soutane des Kaplans nachempfunden in Schnitt und Farbgebung.
    Als wir die vermeintlichen Überreste einsammelten, hatte ich befohlen, dies nur von Bernaels-Anhängern durchführen zu lassen. Schlichtweg aus Rücksichtsnahme, falls es sich tatsächlich um die Leiche von Kaplan Sandomir gehandelt hätte. Im Nachhinein bedauere ich diese Entscheidung, denn eine magische Untersuchung dieses Totems an Ort und Stelle wäre hochgradig interessant gewesen. So konnte der Magier nur die zerstörte Ansammlung von Tuch und Knochen begutachten. Er stellte zwar einen magischen Abdruck fest - vielleicht mit einem Geruch oder Geschmack vergleichbar - konnte diesen aber nicht identifizieren.
    Am Anfang dieses Absatzes habe ich das Wort "Vogelscheuche" erwähnt und ich vermute, dass diese Analogie sehr gut passt. Knochen und Tod, offen ausgestellt, gekleidet in der Robe des Feindes, der abgeschreckt werden soll. Dazu einen magischen Kniff, vielleicht um die Wirkung zu verstärken, vielleicht um die Haltbarkeit des Totems zu erhöhen.
    Die Orks haben etwas errichtet, um uns abzuwehren. Um eine Warnung für die Bernaels-Gläubigen aufzustellen. So sehr mich die Details des Totems anwidern, vor allem als noch die Möglichkeit bestand, auf die Überreste unseres ehemaligen Bordkaplans gestoßen zu sein, so sehr empfinde ich heute eine gewisse Genugtuung. Wir haben Eindruck auf die Orks gemacht. Sie bitten um Beistand bei den Geistern und anderen Mächten ihres Landes, um sich vor uns zu schützen.

    Abschließend komme ich zu dem Urteil, dass wir immer noch nicht wissen, welcher Art Zauber die Orks gegen uns wirken. Sie reagieren stark auf unsere eigenen Glaubensriten, aber sie versuchen auch, sich selbst zu schützen. Das zeigt mir, dass die Orks nicht unbesiegbar sind. Unsere eigenen Sitten scheinen eine Kraft zu besitzen, die in der neuen Welt gefürchtet werden. So mag es sein, dass es hier nicht nur zu einem Messen von Waffen und Körperkraft hinausläuft, sondern auch auf ein spirituelles Kräftemessen.

    Vor meinem Herren, dem König der Nordermark, den alten Göttern des Nordens und vor Bernael gelobe ich, alle Informationen vorgebracht zu haben, die mir zur Verfügung standen. Die Interpretationen hingegen beruhen auf noch nicht vollständigem Wissen und sind nur das Werk eines Menschen. Alle Fehler darin sind Folge meines Irrtums und werden hoffentlich von mir oder anderen aufgedeckt werden. Abgeschlossen und unterzeichnet von Kapitän Kucharz, HMS Dubjangrod, nach der Vierten Reise in die neue Welt zu Wjelkow, am 30. Tag im 2. Herbstmond, Anno 16 nFS.
    Geändert von Brabrax (19. Januar 2022 um 23:11 Uhr)

  3. #3
    Imperiale Avantgarde Avatar von Brabrax
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    Pacem in Terris

    "Pacem in Terris" ist eine Enzyklia aus der Feder des Patriarchen Markwart I., die im Laufe des Jahres 26 nach dem Fall von Soras entstand. In diesem Text beschwört er unter Rückgriff auf die Gemeinsamkeiten aller Menschen und ihrem Bedürfnis nach einem Leben in Frieden und Gemeinschaft die Versöhnung zwischen den Völker. Feindschaft und Krieg führen, so der Patriarch, nur zu Leid und Tod. Leid wiederum führe zu Hass und Hass münde wieder in Feindschaft und Krieg, bis alle Menschen ohnmächtig dalägen. Dies habe auch der Nordermark-Konflikt eindrücklich gezeigt.

    Achtung Spoiler:
    Den theologischen Überbau begründet Markwart mit einer Passage aus dem Bernaelikum:

    „Pacem in terris, quam homines universi cupidissime quovis tempore appetiverunt, condi confirmarique non posse constat, nisi ordine, quem Deus constituit, sancte servato.“

    „Der Friede auf Erden, nach dem alle Menschen zu allen Zeiten sehnlichst verlangten, kann nur dann begründet und gesichert werden, wenn die von Gott gesetzte Ordnung gewissenhaft beobachtet wird.“


    Zu dieser Ordnung, so führt er weiter aus, gehöre auch die Verschiedenheit der Völker und ihren Lebensraum (wie z.B. im Grimmwald-Konvent vereinbart) zu respektieren, seinen sie doch alle Kinder Bernaels, wenn gleich sie seine Herrlichkeit vielleicht in anderen Formen wahrnehmen mögen.
    Im Abschluss der Enzyklika gibt Markwart noch einmal eine parktische Anleitung wie der Frieden zwischen den Menschen gelingen könnte: Innere Einkehr, Gebet und Studium der Heiligen Schrift würde es den Menschen ermöglichen den Frieden zu sich selbst und untereinander zu finden. Ganz konkret nennt er hierbei das von ihm neu verfasste "Gebet zum Frieden":

    Bernael, mach mich zu einem Werkzeug deines Friedens,
    dass ich liebe, wo man hasst;
    dass ich verzeihe, wo man beleidigt;
    dass ich verbinde, wo Streit ist;
    dass ich die Wahrheit sage, wo Irrtum ist;
    dass ich Glauben bringe, wo Zweifel droht;
    dass ich Hoffnung wecke, wo Verzweiflung quält;
    dass ich Licht entzünde, wo Finsternis regiert;
    dass ich Freude bringe, wo der Kummer wohnt.
    Herr, lass mich trachten,
    nicht, dass ich getröstet werde, sondern dass ich tröste;
    nicht, dass ich verstanden werde, sondern dass ich verstehe;
    nicht, dass ich geliebt werde, sondern dass ich liebe.
    Denn wer sich hingibt, der empfängt;
    wer sich selbst vergisst, der findet;
    wer verzeiht, dem wird verziehen;
    und wer stirbt, der erwacht zum ewigen Leben

  4. #4
    Imperiale Avantgarde Avatar von Brabrax
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    Sage vom Kopflosen Reiter

    Es erzählt die Sage, zwischen dem Weißen Wald und der Moldau treibe ein untoter Reiter des Mitternachtens sein Unwesen. Dieser von Rachsucht erfüllte, gänzlich in schwarze Kleider gehüllte Widergänger erfülle einen jeden Mann, eine jede Frau und ein jedes Kind, welches ihm begegnet, mit Todesangst und Entsetzen. Dazu beitragen mag wohl auch das schemenhaft erscheinende Ross, welches dem Reiter seine wilde Jagd des Nachtens ermöglicht. Wenn der Reiter einen Lebenden berühre, dann werde dieser, so heißt es, verdorren und aussehen wie der Tod selbst.
    In der Sage der märkischen Landstriche erklärt sich mancher den Reiter als Rachsüchtigen Mann, der zu Unrecht eines Verbrechens bezichtigt wurde, für welches er dem Tode durch Enthauptung überantwortet wurde.

  5. #5
    Imperiale Avantgarde Avatar von Brabrax
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    Legende vom Eber(s)dorf

    Es ergab sich in einem kleinen, beschaulichen Dorf im Königreich Soras einst etwas, was für manchen Menschen die Grenzen des Denkbaren sprengte. Dieses verschlafene Dorf, welches so unbedeutend war, dass nicht einmal dessen Name überliefert ist, wurde zum Opfer des frevelhaften Agierens einer alten, besonders schrulligen, bösartigen und rachsüchtigen Vettel. Sie, die sich an den Frauen des Dorfes für deren Schönheit rächen wollte, webte einen Fluch nicht allein über die Frauen des Dorfes. So wurden zunächst die Frauen, später aber auch Männer und Kinder, verwandelt in bloße Schweine. Reisende, die davon Zeugnis erhielten, benannten den Ort abwertend mit "Eberdorf".
    Obgleich die Vettel nach einiger Zeit von unbekannten Heroen bezwungen worden war, blieb der Name "Eber(s)dorf" für eben jenes Dorf bestehen, zeugend von dessen Geschichte. Historiker und Chronisten tun sich jedoch schwer mit der geographischen Einordnung des Mythos: In Frage kämen ein Ebersdorf in der Nähe der Zackenberge, ebenso ein Ebersdorf östlich der Stadt Altenburg. Aufgrund der belegten Existenz von Flüchen zweifeln die Chronisten jedoch nicht am wahren Kern der Legende vom Eber(s)dorf.

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